Beginnen möchte ich mit dem am längsten "gärenden" Brief aus Woche7: Schneewittchen. In den "Märchenwochen" wollte mir partout nichts Spannendes zu Schneewittchen einfallen, viele Aspekte wurden in anderen schönen Nadelbriefen schon umgesetzt. Da half nichts, ich musste das Märchen, in meiner Ausgabe von 1949, nochmal lesen und dabei sind mir ein paar Details aufgefallen, die im Laufe der Adaptionen ganz schön "geschliffen" wurden:
Schneewittchen war erst 7 Jahre alt (und nicht 17 wie immer dargestellt) als die Stiefmutter sie mit dem Jäger in den Wald schickte.
Die Zwerge waren ganz schöne Paschas, wenn sie Schneewittchen nur bleiben ließen, wenn sie ihnen den Haushalt machte und am Abend das Essen bereit stand. Aber das spricht ja für die Zeit der Entstehung.
Die Stiefmutter kam am Ende auch nicht ungeschoren davon.
Da fand ich nun ein paar nette Themen und machte mich an die Gestaltung der 7 Berge.
Auf einen der Berge wollte ich den Glassarg von Sneewittchen stellen. Das ging gut mit einer durchsichtigen Folie. Schneewittchen selbst erscheint eher zurückhaltend, erkennbar nur an den wallenden schwarzen Haaren.
Weil die Zwerge ein Schild an den Sarg gemacht haben, bekam auch meiner ein Schild, allerdings ein aktuelles aus der nun digitalen Welt. Das Vögelchen steht stellvertretend für die Eule, den Raben und das Täubchen, die das Kind besuchten. (Ähnlichkeiten mit einem digitalen Vögelchen wären rein zufällig). Wie ich nun feststellen musste, habe ich den Zwerg vergessen, der auch immer gewacht hat. Sorry.
Innen gibt es eine Referenz an den allseits bekannten Spruch, der untrennbar mit dem Märchen verbunden ist. Nur würde man heute wohl einen anderen "sprechenden Spiegel" befragen. (auch hier sind Ähnlichkeiten rein zufällig)
Am Ende des Märchens gibt es ein Hochzeit, ein Happyend, allerdings nicht für die Stiefmutter. Die wurde mit eiserenen Pantoffeln begrüßt, die auf glühenden Kohlen erhitzt wurden und "sie musste tanzen bis in den Tod". Ein bisschen martialisch, aber so geht das wohl, wenn man sich ins Topmodel-Metier einmischt.
Ein Schneewittchen 4.0 mit einigem Augenzwinkern.
Einfacher waren dagegen die beiden Nadelbriefe für Woche 16: Anatomie und 17: Norwegen. Da hatte ich eine Idee, aber nur nicht rechtzeitig die Zeit, sie zu nähen.
Für No.16: Anatomie stand für mich gleich fest, dass ich eine Hand machen wollte. Als Gestalterinnen mit Textil und Papier sind die Hände, neben den Augen, unsere wichtigsten Werkzeuge, und das wollte ich ehren.
Vorlage für die Applikation ist meine eigene Hand, deren wichtigste Linien ich technisch, wie bei meinem Porträt, auf Transparent übertragen und auf hautfarbenen Jerseystoff genäht habe.
Das Papier kann man dann in kleinen Fitzeln abreißen und behält die Kontur. Den flexiblen Stoff hatte ich gewählt, um später die Hand plastisch ausstopfen zu können, habe mich aber später dagegen entschieden. Wenn man das nicht gut hinkriegt, hat man möglicherweise Gichtfinger. Das Weiche des Stoffes transportiert aber trotzdem gut den "Hauteffekt".
Die vorbereitete Hand habe ich dann auf einen blauen Hintergrundstoff genäht. Der war zunächst ohne Schrift, was aber zu langweilig war. Ein kleiner Handarbeitstext war schnell draufgeschrieben und lautet so: On happy days when I can stitch, my life runs smooth without a hitch.
Und innen? Da habe ich diesmal nicht gemeckert, dass mein Sohn immer noch seine Bücher bei uns einlagert, sondern eine schöne Vorlage in diesem Buch gefunden.
(Unbezahlte Werbung für ein selbst gekauftes Buch)
Vor allem die superfeinen Sehnenkreuzungen in den Fingern fand ich so spannend, dass ich sie ursprünglich nachsticken wollte. Am Ende fand ich die glatte Kopie auf Stoff aber überzeugender.
Es bleib nicht viel Platz für eine Innentasche, aber damit kann ich leben.
Meine Wahl für einen Verschluss fiel auf eine Deko-Nadel, die sich von außen in die roten und blauen Blutband-Bändern einfädeln lassen.
Maßband-Armbänder als Nähschmuck machen den Nadelbrief komplett (und verdecken einen kleinen Fleck auf dem Trikotstoff. Nobody is perfect)
Die Abende in der staden Zeit habe ich, wie geplant, genutzt, um an meinem Nadelbrief No. 17: Norwegen zu arbeiten.
Mit Norwegen verbinde ich seit unserem Aufenthalt in Schweden, abgesehen von Lachs und Hardangerstickerei, die typischen Trachtenkleider und den Silberschmuck. Die Trachten werden immer noch mit Stolz bei traditionellen Anlässen getragen und man kann an den Farben und Stickerein erkennen, aus welcher Region in Norwegen die Träger kommen.
Am liebsten wollte ich ein Muster mit einer Wollstickerei auf einem schwarzen Wollstoff probieren, nur das Problem der Musterübertragung musste ich noch lösen. Mit einem Stift geht das nicht.
Meinen eigene Musterentwurf habe ich schließlich wieder grob auf transparentes Papier übertragen und von Hand mit einem hellen Heftgarn die Grundstruktur durchgestickt. Danach konnte ich an den Grundranken die Blumen und Ornamante freihand farbig ergänzen.
Wollgarne hatte ich mir vor längerer Zeit einmal zugelegt. Es war etwas dünner als erwartet und so sind die Stickerein filligraner als auf den originalen Trachten. Andererseits ist die Stickfläche auch nicht supergroß gewesen.
Den Nadelbrief habe ich wieder so angelegt, dass er sich vorne wie ein Mieder schließen lässt. In meiner Trachtenknopfkiste fand sich eine passende, fast silberne Schnalle, die ein bisschen wie ein Wikingerschild wirkt.
Das Fotografieren war wieder schwierig, mit all dem dunklem Stoff.
Innen gibt es mal wieder eher schlicht ein Täschchen aus Trachtentuchstoff und zwei Nadelflecken.
Und zum Abschluss kommt noch ein absoluter Exot: die No. 33: eine Qualle.
Ich hatte mich in diese Spiegeleiqualle aus meinem Meeresbuch verliebt, die in ihrer Art und Form das übliche Nadelbriefformat bei Weitem sprengt. Aber heh, man wächst mit seinen Aufgaben und sagt nicht Frau Nahtlust: das wird ein Spaß!
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Spiegeleiqualle |
Das Problem war nämlich eher der obere Teil: das Spiegelei.
Da kam mir erst diese Woche die Eingebung, das Gelbe vom Ei mit Papier-Kleistertechnik über einem Stoffei herzustellen. Das Pappmache bietet eine stabile Form und lässt sich auch gut mit Stoff vernähen.
Hier ist die Grundform schon bemalt und vorbereitet, um auf ein Schabrackenvlies geklebt und genäht zu werden.
Die Unterseite bekam auch eine kleine Schabrackenverstärkung, auf der der Magnetverschluss, der beide Teile verbinden soll, montiert ist. Darauf liegt der Filzkreis als Nadelfleck, der später die Nadeln aufnehmen soll.
Ein wenig "entrückt", dieses Modell, aber damit ist mein Nadelbriefjahr komplett.
Ich habe viel gelernt, manches Bewährte einsetzen können, Neues getestet, Vielfalt geübt und vor allem in der Serienarbeit gemerkt, was mir gefällt und was meine ganz eigene Herangehensweise ist. Gut oder schlecht, es ist "meine".
Ein großer Dank geht an Susanne für dieses tolle Jahr mit so vielen Entdeckungen. Ich freue mich auf das Treffen im Mai, wenn ich auch all die anderen Nadelbriefe und ihre Erfinderinnen im wirklichen Leben sehen kann.
Manche Nadelbriefe gefallen mir nicht, einige würde ich gerne noch einmal machen.
"Und was machst du nun?" fragte mich neulich eine Freundin, vielleicht in Erwartung einer Fortsetzung.
Ein wenig wird mir die wöchentliche Ideengymnastik fehlen, aber ich habe ein paar neue, kleinere Projekte, die meine Hirnwindungen sicher nicht einstauben lassen.
So und wer nun noch einmal alle auf einmal sehen will, für den habe ich alle 52 mal ausgelegt. Die meisten sind auch als Einzelbeiträge unter 'Nadelbrief' im Blog zu finden.
Nadelbriefe 1 bis 13 |
Nadelbriefe 14 bis 26 |
Nadelbriefe 27 bis 39 |
Nadelbriefe 40 bis 52 |
Ich finde es beeindruckend mit welcher Vielfältigkeit du die Themen umgesetzt hast.
AntwortenLöschenGerade deine Nadelbriefe, die aus der Reihe tanzen - wie diese Qualle oder das Klavier, gefallen mir besonders gut.
Einen tollen Endspurt hast du da hingelegt.
LG Elke
Es war eine interessante Erfahrungsreise, auf diese Art 'in Serie' zu arbeiten.
LöschenLG Elvira
Diese Gesamtansicht ist der Hammer!! Ich freue mich schon so darauf, alles auf der Nadelwelt in Karlsruhe anzusehen. LG Ursula
AntwortenLöschenEs ist auch für mich ein gutes Nachschlagewerk und ich entdecke meine ersten Nadelbriefe wieder, die schon ein bisschen vergessen waren. Einige 'ach ja' Momente.
AntwortenLöschenLG Elvira
AntwortenLöschenHuch, ist jetzt mein Kommentar weg.....? DAs ist ja doof. Jedenfalls versuche ich das jetzt nochmal, Elvira, und sage von Herzen Danke für die Begleitung durch das Jahr mit deinen wunderschönen Nadelbriefen. Das ist ein phänomenaler Abschluss eines kreativen Jahres! Danke, dass du dich auf die wöchentlichen Herausforderungen eingelassen hast :-) Ich freue mich jetzt noch mehr auf die baldige Ausstellung und melde mich auch demnächst dazu bei dir. Ganz lieben Gruß. Susanne
Wunderschön und beeindruckend, diese vielen, unterschiedlichen Nadelbriefe. Jedes mit einer eigenen Geschichte. Klasse.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Monika
Wow, was für eine Vielfalt und Explosion an umgesetzten Ideen. Ich hoffe, ich kann sie mir in Karlsruhe original ansehen.
AntwortenLöschenLG Ute
Liebe Elvira,
AntwortenLöschenich freue mich sehr darauf Deine Nadelbriefe in Karlsruhe zu sehen und Dich kennen zu lernen. Wahnsinn welche Ideen Du hast und wie kunstvoll und handwerklich gut Du sie umgesetzt hast, ich sitze da echt staunend vor dem Bildschirm. Alle 52 !! Wow.
viele Grüße Margot