Sonntag, 30. November 2025

Stoffspielereien - Techniken im Dialog

Für dieses Jahr treffen wir uns ein letztes Mal, um unsere Erfahrungen mit textilen Experimenten auszutauschen.
 
Es ist die Zeit, in der man oft Rückblick (und Ausblick) hält und so passt das Thema von Tyche's Touch: Techniken im Dialog ganz gut zu diesem Monat.
 
Es kann dabei ein textiler Vergleich zweier Techniken angestellt werden oder eine Verbindung von zwei Techniken an einem Werkstück. Auch eine textile Umsetzung einer nicht-textilen Technik wäre denkbar, z.B. Flechten mit Stoff oder Stricken mit Draht.
 
Ich habe mich für den Vergleich von handgenähtem und maschinengenähtem Pojagi entschieden.
 
Pojagi oder auch: Bojagi ist einerseits die Bezeichnung für ein traditionelles koreanisches Einwickeltuch, ähnlich dem japanischen Furoshiki. Andererseits bezeichnet man damit auch die Technik des einlagigen Patchworks, einem Zusammensetzen von Stoffstücken, allerdings ohne Wattierung und Rückseite und ohne Quiltstiche.
Das Besondere dabei ist, dass man die Nähte als Kappnähte ausführt, so dass die Rückseite auch versäubert ist und man das Stück als Tischdecke, Handtuch, Schal oder oft auch als Gardine verwenden kann.
 
 
Traditionell wird ein Pojagi von Hand genäht und ich habe einmal das Nähen nach dieser japanischen Anleitung ausprobiert - und dann im Verlauf des Probestückes noch zwei andere Nahtvarianten ausprobiert. Damit das Nähergebnis gut sichtbar ist, habe ich verschiedenfarbige Stoffe und einen kontrastreichen Faden genommen.



Man zeichnet zuerst die Nahtzugaben an, dann legt man die Stoffstücke mit den offenen Kanten um eine Nahtbreite übereinander und heftet die beiden Teile mittig aufeinander.
Dann faltet man einen Stoff auf die markierte Nahtzugabe des anderen Stoffes, faltet den zweiten Stoff dort auch und näht die Stoffe an den Stoffbruchkanten mit kleinen Überwendlichstichen zusammen, wie beim englischen Papiernähen. Das Vorgehen wiederholt man mit der noch lose liegenden Gegenkante.
 

Die Stiche werden dann auf der Rückseite auch sichtbar und sind nicht immer gleichmäßig, jedenfalls bei mir. Man bekommt immer auf beiden Sieten eine doppelte Naht, was mir, abgesehen vom komplizierten Falten, nicht besonders gefiel.

 
Für die nächste Naht habe ich deshalb die Technik der normalen Kappnaht ausprobiert.
 
Dafür braucht man an einem Stoffstück eine einfache Nahtzugabe, am anderen Stück eine doppelte Nahtzugabe. Die Stoffstücke legt man rechts auf rechts versetzt aufeinander und näht sie Entlang der einfachen Nahtzugabe aufeinander. Das geht gut von Hand.
Dann schlägt man die doppelte Nahtzugabe unter die einfache und steppt den Umschlag schmalkantig sichtbar ab.

In der Folge hat man nur eine sichtbare Naht auf der Vorderseite und eine doppelte Naht auf der Rückseite.
Als dritte Variante habe ich die Stoffe wie beim ersten Versuch aufeinandergeheftet, dann aber die Stoffe direkt schmalkantig abgesteppt.
 




Insgesamt gefiel mir die zweite Nahtvariante am besten, das Nähen von Hand schien mir für größere Stücke doch etwas mühsam. Zwar kann man sehr leicht auch schräge Stücke zusammennähen, wie bei meinem zweiten Teststück mit den Fischen im Logcabin-Muster, doch runde Formen lassen sich damit nicht nähen. Außerdem muss man ein Auge auf die "Kreuzungen" haben, an denen zwei Kappnähte aufeinandertreffen. Diese habe ich immer gerne wegen der auftretenden Dicke vermieden. So sind gestalterisch durchaus Einschränkungen hinzunehmen.
 

Für ein größeres Werkstück bevorzuge ich doch ein Pojagi in Maschinentechnik mit einfacher Kappnaht wie auch beim Handnähen.
Mir schwebte ein Patchworkstück aus alten Hemdenstoffen vor und zwar eine Pyjamahose, die das Pojagi Nachthemd, das ich früher mal genäht habe, ergänzen sollte.
 

 
Aus vielen Stücken mit etwa 50-60 Nähten pro Bein entstand in mühevoller Kleinarbeit (zwischendurch habe ich mich gefragt, warum ich das mache) doch eine neue Hose aus alten Stoffresten. Die Tragfähigkeit muss sich noch erweisen.


Zum Abschluss noch ein Pojagituch in Pojagitechnik von früher, auch aus alten Hemden, zusätzlich bedruckt mit dem vergößerten Motiv aus enem der Stoffe.
 
Damit beschließe ich das Stoffspielereien-Jahr und freue mich, dass es weitergeht im nächsten Jahr. 
Unter neuer Koordination von Kerstin - Stoffnotizen treffen wir uns auch in 2026 mit spannenden Themen auf den Blogs und vielleicht auch im richtigen Leben wieder.
Vielen Dank an Gabi - made with blümchen für die bisherige Zusammenführung und das Erstellen des Archivs. 
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Ich stöbere bereits in meiner textilen Bibliothek für das erste Thema nach der Winterpause: Ein Buch als Inspiration. Das hält mich über die kalten Wintertage sicher beschäftigt.

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25.10.2026: „Schablonieren“ bei Siebensachen zum Selbermachen

29.11.2026: „Teppiche“ bei made with Blümchen

Dezember: Winterpause

 

20 Kommentare:

  1. danke für deine wunderbare arbeit mit techniken die ich nicht kenne und gerne ausprobiere möchte ! die hose ist ein kunstwerkstück und die arbeit hat sich 100% gelohnt ! auch nur zum ansehen :) das tuch in rosatöne mit andere technik auch schön ! kenne nur die "couture à l'anglaise" das etwas ähnlich ist * müsste das alles nochmals neu ausprobieren und werden deine anleitun bestimmt vielsmals anschauen
    liebe grüsse
    mo

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    1. Die Kappnaht heißt auf englisch Felled seam, deine couture á l‘anglaise heißt bei uns lustigerweise „ französische Naht“. Sie ist nicht ganz identisch mit der Kappnaht, aber geht in dieselbe Richtung. LG

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    2. danke ! sehe oft "die couture à l'anglaise oder franz. naht" bei frühere handarbeit (kleidung oder bettwäsche...) LG

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  2. Danke fürs Zeigen dieser Technik. Sie ist mir noch nie begegnet. Ich finde es grossartig, wenn die Rückseite so schön ist, dass man sie zur Schau stellen kann. Deine Hose ist ein Kunstwerk. Liebe Grüsse von Regula

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    1. Ich wollte auf der Rückseite keine offenen Nähte, die vielleicht drücken oder ausfransen. Da ist die Kappnaht ideal.

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  3. Liebe Elvira, deine Darstellung zur Pojagitechnik ist sehr hilfreich, ebenso die Beispiele, welches Ergebnis man jeweils erzielt. Die vielfachen Stofflagen, wenn Kappnähte übereinander liegen, passen mir beim Handnähen auch nicht. Ich hab da auch Zweifel, ob das im Alltagsgebrauch hält. Bewundernswert die Mühe für die Schlafanzughose, und vielen Dank fürs Mitmachen und Zeigen. Liebe Grüße von Tyche

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    1. Es ist garnicht so leicht, beim Nähen auch ans Fotografieren zu denken. Ein Foto von der Faltung fehlt auch, aber naja. Immeehin habe ich meine Reste verarbeitet.

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  4. Einfach großartig, Deine Hose! Ich würd sie sofort nehmen, sieht toll aus mit den Streifen in verschiedenen Richtungen!
    LG Anne Sophie

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    1. Ein bisschen crazy, das Muster, aber ich will sie meiner 12 jährigen Enkelin vermachen. Die steht auf crazy.

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  5. Wow, toll gemacht und sorgsam recherchiert. Ich bin beeindruckt. Liebe Grüße, Silvia von Petersilie&Co

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    1. Ich habe noch viele unprobierte Techniken im Ordner, jetzt kann ich diese wenigstens in den 'Werkzeug-Rucksack' legen, wenn ich sie mal wieder brauche.

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  6. Die Pyjamahose ist klasse. Um die vielen Nähte alltagstauglich zu machen sind die Kappnähte eine feine Sache, hoffentlich drücken sie nicht.
    Pojagis selber finde ich sehr schön, vor allem wenn sie aus zarten Stoffen vorm Fenster hängen. Aber das Zusammennähen hat mich noch nie gereizt. Deine Beschreibung bestätigt meine Vorurteile.
    Liebe Grüße Gabi

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    1. Eine Gardine wäre auch noch ein schönes Projekt. Das Falten und Nähen hat nach einer Weile meditative Qualitäten, das machte es doch nicht zu stressig.

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  7. Sehr coole Sache! Über Pojagi habe ich auch schon für meine Upcyclingprojekte nachgedacht. Danke, dass Du die verschiedenen Varianten zeigst, für Webstoffe und Gebrauchstextilien würde mich wohl auch für die Maschinennaht entscheiden. Und Gratulation dafür, dass Du die Idee bis zum fertigen Kleidungsstück durchgespielt hast! Liebe Grüße!

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    1. Man muss nicht so kleinteilig arbeiten wie ich. Die großen Hemdenteile hatte ich vorher schon für das Nachthemd verwendet, da lagen überwiegend nur noch Schulterpassen und Randstreifen in der Kiste. Wer kann die schon wegwerfen? (ich demnächst wohl ;-)

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  8. Ein interessanter Vergleich; danke dafür. Vor ein paar Jahren habe ich einmal versucht, eine Gardine in Pojagi zu nähen (mit der Maschine), die leider nie fertig geworden ist .....
    Mein Kompliment für deine Durchhaltekraft bei der Hose. Sie ist ein tolles Stück und das Pinkfarbene Tuch gefällt mir ebenfalls sehr gut, besonders das aufgedruckte Motiv.
    LG
    Beate

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    1. Das Tuch habe ich öfters in Verwendung, die Hose bekommt meine Enkelin, oder ich trage sie selbst. Ist eher was für wärmere Nächte, weil dünner.

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  9. Einen ziemlich verrückte Idee mit pojagi eine Hose zu machen und Kompliment, dass du bis zum Ende durchgehalten hast. Ich fand schon mein Gardinenstückchen herausfordernd.
    Das Tuch mit dem Druck gefällt mir auch. diese Kombi, also textile Technik und Druck war auch meine Idee zm Thema, aber zu dieser Zeit für mich nicht machbar.
    Viele Grüße, Karen

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    1. Es ist mir garnicht aufgefallen, dass im Tuch auch ein 'Dialog' steckt. Ich hatte auch verschiedene Handnähtechniken mit Papier als Projekt im Auge, aber EPP kommt ja dann in 2026. Da passt das immer noch.

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  10. Ein interessanter Vergleich mit hand- und maschinennähen. Von Hand nähe ich dort wo ich mit der Maschine schlecht ran komme oder aus dekorativen Gründen. Vielleicht sieht eine größere Fläche mit geübten Handnähten gefälliger aus.
    LG Ute

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