Nach einer langen Sommerpause bin ich nun wieder zurück auf dem Blog und bereit für die nächste Stoffspielerei "Applikationen", die 123-Nadelei vorgeschlagen hat. (mein "letzter Schliff" blieb aus zeitlichen und technischen Gründen verborgen, mein Minibeitrag kommt aber im Anhang hier)
Als langjährige Flickerin und Patchworkerin habe ich inzwischen wohl (fast) alle Varianten des Reparierens, Verschönerns, Verzierens, Bilder Gestaltens, textilen Geschichten Erzählens mittels Applikationen ausprobiert und angewendet. Es ist eine wunderbare Möglichkeit und vielseitige Technik, mit nur wenig Mitteln aus der Not eine Tugend zu machen und Unikate zu schaffen.
Aktuell habe ich ein konkretes Projekt im Sinn, jedoch noch nicht in Arbeit, weshalb ich aus dem Archiv schöpfen und etwas von den letzten Arbeiten zeigen möchte. Dabei lassen sich gut die Unterschiede und Herangehensweisen zwischen handgenähten und maschinengenähten Applikationen, loser und geklebter Technik etc. erklären. Wobei es hier im Fachkreis sicher nicht vieler Erklärungen bedarf, sondern eher um das Beschreiben von Vorlieben und Vorzügen geht.
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Needle turn Appliqué mit freezer paper
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Meine erste intensive Begegnung mit traditionellem, handgenähtem Appliqué hatte ich in einer englischen Quiltgruppe vor 25 Jahren. Dort zählte nur das Handgenähte als wirkliches Quilten und das Applizieren mit Freezer Paper wurde meine bevorzugte Technik. Dabei bügele ich das Papier auf die Sichtseite, schneide mit Nahtzugabe aus und nähe die Teile schrittweise in der Needle-turn Technik auf, d.h. die Nahtzugabe wird mit der Nadel entlang der Papierkante untergeschoben und dann mit kleinen Stichen festgenäht.
Der Vorteil ist, dass man das Papier am Ende einfach abziehen kann und nicht mühsam von der Rückseite herausfiddeln muss. Auch bleiben die Kanten plastischer, runder als bei der Methode, wenn man das Freezer Paper auf der Rückseite aufbügelt.
Beim Applizieren ist immer die Frage, wie man mit den Kanten umgeht. Da die Stoffstücke aufgenäht werden, sind sie immer einer höheren Reibung ausgesetzt als Nähte und können ausfransen oder abgerissen werden. Beim Needle Turn ist die Nahtzugabe gut festgenäht.
Eine andere Möglichkeit, die häufig bei Applikationen mit offenen Kanten angewendet wird, ist, die Kante mit zusätzlichen Stichen wie Geradstichen, engen Zickzackstichen, Knopflochstichen oder anderen Zierstichen zu versehen bzw. zu sichern.
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Geradstich zum Applizieren und Quilten
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Applikation auf Kochbuch
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enger Zickzackstich
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Buttonhole stitch mit der Maschine
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Kombiniert mit einer Befestigung mittels Klebevlies geben die Randstiche Halt und Verzierung zugleich. Bevorzugt mache ich diese Stiche mit der Maschine, seltener von Hand.
Applikationen verwende ich gerne für organische Formen, wobei ich handgenähte und geklebte- maschinenverzierte Applikationen je nach Bedarf kombiniere.
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Ein textiles Kalenderblatt für den Monat Juni
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Oder sie gehen in die 3. Dimension und erscheinen als räumliche Zugaben.
Hier möchte ich nun gerne mein kleines Projekt einfügen, bei dem ich zum ersten Mal mit sehr lose geklebten Teilen und offenen Kanten appliziert habe.
Es ist eine Eule nach der freien Anleitung von Ann Wood (man mag sich an die Pilze vom letzten Jahr erinnern), die ich aus Leinenstoffen und japanischen Stoffen angefertigt habe.
Abweichend vom Originalschnitt haben meine Eulen Ohren bekommen.
Die einzelnen Teile werden nach Muster ausgeschnitten, alles mit offenen Kanten und dann nur mit Papierklebestift fixiert, bevor man sie, bis auf den querliegenden Flügel, mit Geradstich auf der Vorderseite festnäht. Auch die Augen und die Zierstiche auf dem Bauch werden schon angebracht.
Dann wird die Vorderseite mit der Rückseite zusammengenäht, die Aufhängung eingeschlossen und die Eule durch die Wendeöffnung ausgestopft. Wenn die Öffnung mit Handstichen geschlossen ist, wird der letzte Flügel aufgenäht und fertig ist das Flugobjekt.
Der fransige Look passt ganz gut zum Federvieh und wird hängend sicher auch nicht allzu strapaziert. Ich hatte Spaß am Sticheln und die kleinen Mitbringsel fanden schnell ein neues Zuhause.
Meine Projektidee für die nächsten Monate habe ich bei Jo Avery gefunden und schließt an die "lose Applikationstechnik" an. Es sollen frei applizierte Bäume werden, die gerade in dieser Jahreszeit tatsächlich draußen zu finden sind und wunderbare Anregungen für Formen geben.
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"Moon Tree" von Jo Avery
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Ich denke, das wäre eine gute Erweiterung für meinen "Applikationsordner", auch wenn ich diesmal noch keine Ergebnisse zeigen kann. Nach der Spielerei ist vor der Spielerei.
Es geht ja noch einmal weiter, dieses Jahr und auch in 2026.
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Dezember: Winterpause
____________ _______Nachtrag zum letzten Schliff _____________________
Es ist nichts Großes, was bei mir den letzten Schliff ausmacht, nur ein paar Bänder.
Bei einem selbstgestrickten Pullovern hat sich die Schulternaht zu sehr gedehnt und da hat ein eingenähtes Band den letzten Passform-Schliff gegeben.
Außerdem ist bei Raglanpullovern meist kein Unterschied zwischen vorderem und hinterem Ausschnitt. Damit ich ich immer überlegen muss, was vorne und hinten ist, nähe ich gerne hinten eine schmückende Borte ein. So finde ich auch im Dunkeln die richtige Seite.