Montag, 28. Oktober 2019

Stoffspielerei im Bauhausstil

Beim Stoffspielereien-Sonntag im Oktober ging es um's Handweben. Mein Beitrag war auch fertig, doch dann hatte ich keinen Zugang zum Computer und trage meine "Weberei" deshalb erst heute nach.

Bei Schnitt für Schnitt habe ich all die feinen echten Webereien bewundert und mir nun vorgenommen, meinen kleinen Webrahmen auch wieder zu aktivieren. Es macht Laune und passt bestimmt gut in die kühle Jahreszeit. Schaut mal rein.



Meine Weberei ist eigentlich ein Doppelpack, wurde daraus doch auch eine Kombination mit meinem Nadelbrief No. 41: Bauhaus wird 100.
 
Schon lange habe ich mich in die Teppiche von Otti Berger, Gunta Stölzl und Anni Albers "verguckt" und versucht, das Geheimnis ihrer Gestaltungkunst zu ergründen. Es war klar, dass ich es nie mit originalem Handweben nachempfinden könnte, dazu reichen meine Webkenntnisse bei weitem nicht. Auch wenn ich ein wunderbares Handbuch besitze, das mich dorthin führen könnte. Allein, ich habe kaum Übung im Weben.

(Ein ausführliches Portrait von Anni Albers hat le monde de kitchi auf ihren Blog geschrieben. Absolut lesenswert!)
Wandbehang von Anni Albers, 1926. aus: Bauhaus Archiv Berlin, Die Sammlung
Stattdessen habe ich mich für das Weben mit Stoffstreifen entschieden. Meine Schwerrpunkt der Übung bestand mehr in der Gestaltung als in der Verfeinerung der Webtechnik. Ich habe mich an der Farbgestaltung und den Proportionen orientiert und mich dann davon überraschen lassen, welche Musterung ich mit meinen Mittel erreichen kann.

Das Logo vom Bauhaus sollte zentral auch auf den Umschlag, weshalb die Weberei einen extra Mittelstreifen bekam. Farblich bewege ich mich im moderaten Bereich der Grundfarben des Bauhausspektrums. Mein Format von 15 x 9cm für den Nadelbrief hat die Größe der Streifen bestimmt, also eher klein. 

Die Kettfäden sind 10mm breit, die Schussfäden 5mm. Die Stoffe habe ich vor dem Zuschneiden mit Haftvlies bebügelt, damit ich das Gewebe später durch Bügeln fixieren kann. Als "Schiffchen" (oben in der Mitte) habe ich ein Stückchen Karton gefaltet und innen mit etwas Knetkleber versehen, so dass ich die Streifen einklemmen und gut durchziehen konnte.


Ein Rastervlies als Unterlage hat mir geholfen, einigermaßen in der Rechteckform zu bleiben, und natürlich viele, viele Stecknadeln.

Das fixierte Webteil vor dem Vernähen mit dem Deckelteil. Es ist viel unruhiger als die Vorlage, aber das ist der Streifentechnik geschuldet. Farbwechsel innerhalb der Streifen waren dabei nicht möglich.


Für das Deckelteil wollte ich gerne das Logo einfügen. Es besteht auch nur aus 4 verwebten Streifen, was mich in der Einfachheit fasziniert hat. Den Schriftzug habe ich einem Plakat von 1923 entlehnt und angepasst.

Stilgerecht habe ich für das Innenleben des Nadelbriefes meinen Stoffdruck von der Stoffspielereien im April benutzen können. 

Auch wenn ich weit, weit entfernt bin von der Kunstfertigkeit der Bauhaus Weberinnen, habe ich schon einiges gelernt im Nachmachen und Nachempfinden. Das ist ja wohl der erste Schritt. Diese Kenntnisse ins richtige Weben umzusetzen ein ganz langer Weg.


Nun darf auch N0. 41 auf den Weg in die Nadelbrief Sammlung bei Frau Nahtlust, und wer weiß, vielleicht auch ein bisschen weiter. Ich hab da so was gehört ...




Freitag, 25. Oktober 2019

Nadelbriefe 42 und 43

Letzte Woche war ich anderweitig beschäftigt, in anderen Höhen quasi, neue Inspirationen und Einblicke finden.
 
Manches davon hat Eingang gefunden in meine neuen Nadelbriefe, die ich nun, mit etwas Abstand, fertig bekommen habe.

Die Beschäftigung mit No. 41: Bauhaus wird 100 dauert noch an und kommt voraussichtlich am Sonntag, anlässlich der Stoffspielerei auf den Blog. 
Die Ausrichtung und Zielsetzung des Bauhauses ist aber eng verknüpft mit der Aufgabe No. 42: Industriedesign, was mir bei der Lektüre meines Bauhaus Nachschlagewerks wieder klar wurde. Stand in den Anfangsjahren des Bauhauses die Kombination "Kunst und Handwerk" im Fokus, so verlagerte sich seit 1922, auch aus finanziellen Gründen, der Schwerpunkt auf die Verknüpfung von "Kunst und Technik". Immer schon war geplant, die Produkte des Bauhauses zu vermarkten, nun aber setzte man sich die "zeitgemäße, industriegerechte Formgebung" zum Ziel, "für die sich bis dahin kaum jemand interessiert hatte. Erst nach 1945 bürgerte sich hierfür bei uns das Wort Design ein." (aus: Bauhaus, taschen verlag)

Der Begriff "Industriedesign" beschreibt also im weitesten Sinne die Planung und Gestaltung von Produkten für den Alltag oder die Produktionstechnik, die so weit reduziert sind, dass eine serielle Produktion möglich wird. Man hat dabei die Möbel von Marcel Breuer vor Augen wie den Lattenstuhl aus Holz oder seine Modelle aus Stahlrohr mit Eisengarnbespannung.
Bekannt sind vielleicht auch die Vorratsgefäße vonTheodor Bogler, die man auch heute noch herstellt und kaufen kann.

Quelle: www.hedwig-bollhagen.de/bauhaus-design
Das war auch meine Initialidee für meinen Nadelbrief: ein Behälter mit der Aufschrift 'Nadeln'. Im Laufe der Umsetzung kam ich dann jedoch von der Porzellan-Imitation ab und habe mich eines anderen Elements des Industriedesigns bedient: dass man Materialien aus der Industrieproduktion für Alltagsgegenstände einsetzt, z.B. wie Stahlrohre und Alubleche für Möbel, die aus dem Flugzeugbau kommen.


Für mich durfte es etwas kleiner sein: eine Dose und ein Stück Umzugsfilz, Filz aus Stoffresten, der auch als Isoliermarial eingesetzt wird, sind meine Grundstoffe.

Die Dose konnte ich leicht aufschneiden, die Kanten umbiegen und meine Außenseite mit Ösen auf dem Filzstück montieren. Die Schrift auf Metall aufzubringen war schwieriger, schließlich haften Acrylfarben nicht auf Metall. Dunkel habe ich mich an meinen kleinen Döschen Metallfarben erinnert und tatächlich fanden sich Restbestände im Keller.

Eine Schriftschablone, wie sie zur Kennzeichnung von Transportkisten verwendet wird, gab mir den passenden Schrifttyp. 

Ein metallischer Nadelbrief ist auch deshalb nicht unpraktisch, weil er auch magnetisch sein könnte. Mein Blech selbst war zu dünn dafür, aber kurze, aufgeklebte Magnetstreifen schafften hier Abhilfe.

Die Buchringe in den Ösen dienen als Scherenhalter und können gleichzeitig als Verschluss genutzt werden.

Die rauen Außenkanten des Filzes habe ich mit etwas Acrylmedium gegen das Ausfransen gesichert. Eigentlich hätte es aber auch fluffig bleiben können.


Ich weiß nicht, ob man damit in Produktion gehen könnte, die Kombination der beiden näh-nahen, aber doch ganz nähfremden Materialien war spannend.




Etwas einfacher war dagegen der Nadelbrief dieser Woche 43: Hexies.
Hier liefert die Natur schöne Muster und Vorbilder und ich habe mich auch schon an eigenen Produktionen versucht: gestempelt und ... what else? handgenäht.


Schon der erste Nadelbrief: Schnee hatte eine sechseckige Form und ja, eine ganze, handgenähte Hexagondecke liegt bei mir auch auf dem Bett. Kein Wunder also, dass es eine Tasche mit angefangenen Sechsecknähereien gibt und aus dieser habe ich mich großzügig bedient.

Ich war ganz unverfroren und habe meinen Nadelbriefschnitt einfach 2 Mal aus dem handgenähten Stück herausgeschnitten. Die beiden Teile sind mit Vlies hinterlegt und gegeneinandergenäht.

Eine bunte Erinnerung an alte Stoffe, inklusive den Stichen meiner Freudin und meiner Tochter. Ein bisschen handquilten meinerseits hält die drei Lagen traditionell und dekorativ zusammen.

Hier verschließen mal wieder Druckknöpfe den Nadelbrief.


Zwei sechseckige Nadelflecken mussten dabei sein. Kein Scherenhalter oder Tasche diesmal.

Kein Hexenwerk, aber trotzdem schön und nützlich.

Nun läuft der Coutndown: nur noch 9 Nadelbriefe bis zum Ende des fantastischen Nadelbriefjahres bei Frau Nahtlust. Es stehen noch einige knifflige (Packpapier?) und spannende (Riesenrad) Themen auf der Liste. Aber nun habe ich, glaube ich, den Dreh raus.



Montag, 7. Oktober 2019

Mit Schere und Feder - Nadelbriefe 39 und 40

Letzte Woche war es etwas knapp mit einem ausführlichen Nadelbriefbericht, sodass mein Nadelbrief zum Thema Scherenschnitt nur einen flotten Auftritt auf instagram bekommen hat. Nun bin ich zurück von einem kühlen, nassen Ausritt auf zwei Rädern über's verlängerte Wochenende und zeige gerne noch ein paar Entwicklungsbilder zu No. 39.

Zuerst hatte ich tatsächlich einen traditionellen Scherenschnitt in schwarz-weiß ins Auge gefasst. Textiltechnisch ist das gut machbar, wenn man den gewählten Stoff mit Haftvlies hinterlegt, bevor man zu schneiden beginnt. Beim Wühlen in der Kiste mit vorbereiteten Stoffen, meist Batikstoffe, die sehr wenig fransen, spukte mir doch der englische Begriff "cut-outs" durch den Kopf und damit war ich unweigerlich bei Henri Matisse gelandet. Vielleicht waren es auch die vorgeschnittenen Blattformen in so typisch kräftigen "Matissefarben". Jedenfalls sollte es das sein.

Für den Nadelbrief habe ich meine Farbwahl auf nur wenige reduziert und mir zuerst einen Hintergrund gelegt.

 Und dann doch neue Formen ausgeschnitten und mit der "Komposition" gespielt. 

Ich habe mir nicht so viel Zeit genommen wie Matisse, der die gewählten Teile an die Wand gesteckt und so lange arrangiert und beschnitten hat, bis er fand, dass es gut war. Auch ist mein Format mit 11x11cm wesentlich kleiner als seine Bilder.

Aber man kann für die erste Übung gut seinen spontanen Eingebungen folgen und es dann irgendwann als 'fertig' festbügeln. Dabei sind bei mir einige weiße Flächen übriggeblieben, die ich aber dann spontan auch so 'integriert' habe.

Der Nadelbrief sollte gerne wie ein kleines Bild aussehen, weshalb ich eine Art Passepartout und einen braunen Bilderrahmen angenäht habe. 

Das Innenleben besteht aus einem Textstoff mit französischen Textcollagen, einem Filz und einem Stück Signatur, das ich von einem Plakat abgeschnitten habe.


Voilá, meine Hommage an den wohl berühmtesten Scherenschneider der Kunstgeschichte im Nadelbriefformat.

Nach dem Gestalten mit der Schere sollte es für den Nadelbrief No. 40 gerne wieder etwas Handgemachtes sein: Kalligrafie.


Ich besitze zwar einige Bücher über Schriftkunst und Lettering, musste aber doch erst einmal herausfinden, wo denn nun die Abgrenzung zur Typografie und zum Handlettering liegt. Eine gute Gegenüberstellung fand ich in Julia Kerschbaumers Buch:

Während die Typografie den Schwerpunkt auf die Gestaltung fertiger Buchstaben-Bausteine für Druckwerke, die "gesetzt" werden, legt, und es dabei verstärkt auf die Lesbarkeit ankommt, werden die Wörter bei der Kalligrafie "fließend" von Hand geschrieben, wobei Rhythmus und Druck auf das Schreibwerkzeug eine große Rolle spielen. Die Abstände und Größe der Buchstaben sollen dabei eine Textur, ein Gewebe bilden, das dem Auge gefällt. Beim dritten Typ, dem Handlettering, spricht man dagegen von "gezeichneter" Schrift, weil die (einzelnen) Wörter Schritt für Schritt anhand eines Layouts gezeichnet und herausgearbeitet werden, hauptsächlich für Plakate, Karten etc.

Um wirklich gut schönschreiben zu können, muss man lange und viel üben. Und das dann auch noch auf Stoff bringen zu wollen, war nun eine echte Herausforderung. 
Mein Kompromiss-Versuch: wenig Wörter, aber diese als Text möglichst augengefällig zu gestalten. Meine Wahl für den Text fiel auf: "Nähen verbindet", auch weil es ja beim Schreiben auch "Verbindungen" geben sollte.


Versuchsreihen auf Papier und dann der Test mit einem calligrafie duo Stift auf einen glatten Hemdenstoff geschrieben, kleine Schriftvariationen und Fehler inklusive.

Mit etwas Vlies hinterlegt, habe ich ein paar handgestickte Ligaturen eingearbeitet, bevor ich den Außenstoff mit dem Innenleben verstürzt habe.

Die für mich so schwungvoll schöne Handschrift meiner amerikanischen Freundin (links) und meiner deutschen Freundin (rechts) hatte ich früher schon einmal auf Stoff gezogen, kleine Restschnipsel erinnern mich nun an sie im Inneren.



Das ist nun mein Schrift gewordener Nadelbrief mit ein paar Hintergedanken, der sich in die schwungvolle Gesellschaft der anderen Nadelbriefe bei Frau Nahtlust begeben wird.

Gedanklich geht es in die Bauhaus-Woche.