Freitag, 13. Dezember 2019

Spitze! Oh lala! Nadelbrief No 50

Da waren's nur noch drei.
Ich überspringe mal kurz den Xanthippenbrief, der sich noch "under construction" befindet und zeige stattdessen den "Spitzenbrief" für Woche 50, der eine ganz eigene Geschichte hat. Und eine langjährige dazu. 

An Spitze mangelt es mir eigentlich nicht. Da kamen viele Variationen und Farben zusammen im Laufe meines Nählebens. Zuletzt sogar wieder ein breites Stück handgeklöppelte Spitze von einer Freundin. Aber schon seit ich das Thema zum ersten Mal gelesen hatte, spukte in meinem Kopf die Idee herum, ein schon 20jähriges Wunschprojekt mit dem Nadelbrief zu verbinden. Genau zur Jahrtausendwende verbrachte ich einige Zeit in Paris und war fasziniert von der Architektur mit ihren Sandsteingebäuden und den wunderbar verzwirbelten Gusseisen-Balkongeländern.

Das ist schon so lange her, dass mein Fotoarchiv nur Papierbilder davon enthält.
Damals fand ich auch diese eleganten schwarzen Spitzen, die für mich das optimale 'Material' für eine textile Darstellung der Balkone in einem Patchwork-Kissen oder einer Decke waren. Allein, es kam bisher nicht zu einer Näharbeit. Bis jetzt.


Der Nadelbrief hat nun endlich ein machbares Format und ich bin direkt die Planung eingestiegen.

Eigentlich bin ich von einem Endformat von 10 x 10cm gestartet, im Laufe des Nähens wurde die kleine Häuserzeile mit 12 x 12cm aber etwas größer.

Und voilà: hier sind die verschiedenen Spitzen vor den Fenstern platziert.


In meinem Haus gibt es natürlich einen Laden für Nähzubehör. Der Name ist ausgeliehen und eigentlich hätte es "Dam Dentelle" heißen müssen. Bei Dam Boutons gibt es nämlich wirklich nur Knöpfe und keine Stoffe oder Spitzen. Ich verbuche es unter "Künstlerische Freiheit".

Stilecht ist der Türgriff eine Schere, aus den Blumenkästen wachsen (selbst geschnitzte) Garnrollenblumen.

Die Innenausstattung lässt Platz für Garnrollen, die Nähschere, Metermaß und natürlich Nadeln.

Manchmal überrascht man sich selbst. Aus Spitze wurde nun ein architektonischer Nadelbrief, der die lange Reihe von Themen mit einem neuen Akzent ergänzt.
Und: was lange währt, wird endlich gut.

Au revoir! À bientot!

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Einen Freutag der anderen Art hatte ich diese Woche auch noch.
Mit (fast) 50 Nadelbriefen kann ich wohl gut ein Leben lang auskommen, habe mich aber trotzdem sehr über ein unerwartetes Geschenk von Astrid gefreut.

Sie hat mir ein Reise-Nähset genäht und es reichhaltig gefüllt. So schön der gestickte Scherenvoge und so perfekt. Ein großer Spaß, ihn nun bei mir zu haben.

Vielen lieben Dank! Die Bloggergemeinde ist einfach zu nett. Ich hoffe, die wenigen verbliebenen Blogger erfreuen uns auch im nächsten Jahr mit ihren spannenden Geschichten und Einblicke.

Die Nadelbriefliste ist noch offen bis in den Januar 20202, falls noch jemand eine "Spitzenidee" hat und sie uns zeigen will.

Schönen 3. Advent.

Samstag, 7. Dezember 2019

Typografie - Nadelbrief No. 47

Mein Typografie-Nadelbrief hatte eine lange Wirkungszeit, die der unglaublich spannenden Geschichte unserer Schreibkunst und folgend der Druckereikunst geschuldet ist. Wenn man einmal anfängt, sich in die Hintergründe und die Entwicklungsgeschichte einzulesen, kann man nur staunen ob der jahrhundertealten handwerklichen Fähigkeiten, die früher notwendig waren, um ein Schriftstück zu drucken. Denn um die Druckschriften geht es ja bei der Typografie.
 
Wenn man bedenkt, dass bis zu den Anfängen des Buchdrucks mit Gutenberg alle Schriftstücke von Hand gemalt und so vervielfältigt wurden, ist die Erfindung von beweglichen Lettern, die man tausendfach gleich zu einem Text setzen konnte, wirklich eine Revolution gewesen.
Diese Geschichte wollte ich in meinem eigenen Nadelbrief festhalten. Ich habe Schrifttypen aus verschiedenen Jahrhunderten ausgewählt und das Wort "Nadeln" (what else...?) am Computer geschrieben.

Es war garnicht einfach, die Fonts zu finden, denn viele sind in der Textverarbeitung nicht mehr vorhanden. Und bei manchen, wie der 'Garamond' war ich erstaunt, dass dieser Schrifttyp schon fast 500 Jahre verwendet wird.

Insgesamt 8 typische Schriften versammeln sich in meinem Nadelbrief, mit Serifen und Groteske, zeitgenössische und, seit Einführung des Computers, ganz freie und einfach zu vervielfältigende Fonts.
Doch wozu braucht man eigentlich so viele verschiedene Schriften? Dazu habe ich einen sehr einleuchtenden Hinweis im Podcast (mein Tipp von hier) mit Prof. Jörg Petri gefunden:

Die Schrift ist die Stimme des Textes. 

Es gibt Alltagsschriften, die uns ein schnelles Lesen und Erfassen des Sinnes eines Textes ermöglichen, und gleichzeitig ist die Schrift auch immer ein 'Träger' und Vermittler von Emotionen. Wir verbinden mit jeder Schrift eine andere Erfahrung und das kann man auch nutzen und einsetzen. Eine Mischung aus 'neutralen' und emotionsgeladenen Schrifttypen habe ich im Nadelbrief ausprobiert.

Fahnenbuch von Hedi Kyle aus dem Buch: In Falten gelegt
Eine dritte Referenz an die Buch- und Zeitungsdruckkunst habe ich in der buchbinderischen Ausgestaltung des Nadelbriefes versteckt. Um die zeitliche Abfolge der Schriften 'beweglich' und erblätterbar zu machen, wollte ich die Textstücke gerne als Fahnenbuch wie in Hedi Kyles Buch beschrieben, zusammenfügen, als umgewandelte 'Textfahnen' quasi. So entstand die Idee, die auf Stoff gedruckten "Nadeln"-Fahnen auf Filz zu montieren, in den man dann auch Nadeln stecken kann.





Jetzt fehlte nur noch das Deckblatt. Einen Entwurf für eine eigene "Schrift" hatte ich schnell, aber dann habe ich lange über die Ausführung gegrübelt. Am Ende habe ich mich entschlossen, meine Nadelschrift im Original zu lassen.

Eine Schrift, die aus Stecknadeln gebildet ist. Man muss etwas genauer hinschauen, um die Buchstaben lesen zu können, aber irgendwie funktioniert es doch.

Das Zahlenband hält meinen Nadelbrief zusammen und lässt gleichzeitig die Möglichkeit, das Leporello ganz auseinander zu ziehen.

Nun bin ich froh, dass ich die vielen Ideen doch noch in einem Nadelbrief vereinen konnte. Ich habe viel gelernt und habe noch größeren Respekt vor dem Druckerhandwerk und den Menschen, die ganze Schrifttypen und Schriftfamilien konstruieren und entwickeln können.

Meinen Nadelbrief No. 48: Viecherei habe ich bisher nur auf Insta gezeigt. Der Vollständigkeit halber zeige ich meine tierische Nadelbriefversion auch gerne hier.


 Und ein kleines Extra, das mit der Viecherei zu tun hat, aber kein Nadelbrief ist. 
 
Auch Hund und Katze sind gerne beim Nähen dabei und diese Beiden warten auf die Stecknadeln und lassen sich gerne pieksen.

Das Nahtlust-Nadelbrief Jahr neigt sich dem Ende zu und wird nach Xanthippe dann noch mal richtig glamorös. Dranbleiben lohnt sich!


 

Sonntag, 24. November 2019

Stoffspielereien - Nähen auf Papier

Zu einer letzten Stoffspielerei in diesem Jahr hat Ines aufgerufen und uns "Nähen auf Papier" um Thema gegeben. Darunter kann man eine Menge unterschiedlicher Techniken zusammenfassen, die von Hand funktionieren wie das englische paperpiecing oder das Lieseln oder sticken auf Papier, oder auch mit der Maschine gemacht werden können wie das Foundation paper piecing. Mit beiden Techniken habe ich schon Erfahrungen gesammelt und sicher hier auch schon mal darüber berichtet (zum Beispiel hier über die Methode statt mit normalem Papier mit freezer paper zu nähen).

Mit der üblichen Papiernähmethode mit der Maschine habe ich früher schon Bäumchen und Sterne genäht.

Sowohl direkt auf Papier als auch mit einer Schnellschneidemethode lassen sich die feinen Spitzen der Sterne gut bewältigen und die Ecken exakt treffen (meistens). Aber es ist doch eine ziemliche Präzisionsarbeit und das Abreißen des Papieres hinterher ist ziemlich mühsam, da man ja doch oft normales Kopierpapier benutzt.
 
Irgendwann ist mir aber ein prima Tipp für die Verwendung von Telefonbuchseiten als Grundlage fürs Paper piecing untergekommen und ich habe einen Quilt mit Rauten und vielen Reststreifen begonnen. 

Das dünne Papier lässt sich wunderbar in Grundformen, wie hier die Raute, zuschneiden, auf die man dann nach und nach die Streifen aufnäht und am Ende alles Überstehende abschneidet, so dass man eine exakte Grundform zum Zusammennähen bekommt.


Das dünne Papier lässt sich viel besser abreißen, durch den Druck ist es allerdings für mehrteilig aufgedruckte Muster nicht geeignet.

Ich habe dem Quilt, also dem "Work in progress",  den Namen "Quasselstrippe" gegegeben, und an der Tatsache, dass ich tatsächlich Telefonbuchsseiten verwendet habe, kann man erkennen, wie lange das Werk schon in Arbeit ist. Heute findet man ja kaum mehr Telefonbücher ... 


So hatte ich fest vor, dieses UFO Projekt anlässlich der Stoffspielerei zumindest als Top zu vollenden und habe meine angefangenen Blöcke rausgekramt und neu sortiert. Doch dann kamen mir andere Nähaufträge dazwischen und ich konnte lediglich ein neues Design ausdenken.


Immerhin habe ich meinen Bestand gesichtet und bin fest entschlossen, es nicht wieder jahrelang liegen zu lassen. 
Derweil tröste ich mich mit den ersten Adventsboten und schaue mir gemütlich die Nähergebnisse der anderen Stoffspielerinnen an, die Ines auf ihrer Seite Nähzimmerplaudereien schon so fleißig gesammelt hat.



Im Dezember ist Spielpause, aber für 2020 gibt es schon eine anregende Liste für neue Projekte.
Ich wünsche schon jetzt allen einen guten Beschluss für 2019 und auf ein Wiedersehen in 2020!

Die Stoffspielereien
Mach mit, trau dich, sei dabei! Die Stoffspielereien sind offen für alle, die mit Stoff und Garn etwas Neues probieren wollen. Es geht ums Experimentieren und nicht ums Perfektsein, denn gerade aus vermeintlich „misslungenen“ Experimenten können wir im Austausch jede Menge lernen. Lass dich gerne vom monatlich vorgegebenen Thema inspirieren und zeig deine Ideen dazu.

Jeden letzten Sonntag im Monat sind die Stoffspielereien zu Gast bei einer anderen Bloggerin. Dabei kommen wir ohne Verlinkungstool aus: Schreib einfach einen Kommentar mit dem Link zu deinem Beitrag im jeweiligen Blogpost der Gastgeberin. Sie fügt die Links im Lauf des Tages in ihren Beitrag ein – ganz persönlich und individuell.
Bist du nächstes Mal auch dabei?

Die nächsten Termine:
26.01.2020: „Textiler Schmuck“ bei Siebensachen
23.02.2020: „XXL“ bei bimbambuki
29.03.2020: „Draht und Stoff“ bei Nahtlust
26.04.2020: „Visible Mending“ bei 123-Nadelei
31.05.2020: „Blumen“ bei Petersilie & Co
28.06.2020: „Monogramme“ bei made with Blümchen
Sommerpause
27.09.2020: „Texturen aus der Natur“ bei Schnitt für Schnitt
25.10.2020: „Textile Behältnisse“ bei Feuerwerk by kaze
29.11.2020: (Thema noch offen) bei Nähzimmerplaudereien


 


 

Donnerstag, 14. November 2019

Das Riesenrad in der Hosentasche - Nadelbrief No. 46

Nun ist er vorbei, der große traditionelle Herbstmarkt im Nachbarort Hochheim am Main, einer der größten in Deutschland und schon mehr als 500 Jahre alt. Mit ihm verschwindet die große, leuchtende Landmarke, das Riesenrad, das mir aber an den Markttagen eine so passende Inspiration für den dieswöchigen Nadelbrief bot.

Ich habe die runde Grundkonstruktion übernommen, wollte aber auch gerne etwas zum Aufklappen haben. Ein gefalteter Viertelkreis kam mir als Möglichkeit in den Sinn oder eine fächerartige Konstruktion, an der ich mich schließlich auch versucht habe.


An einem Papiermodell ließ sich gut ausprobieren, wie groß die Tragfläche aus feinem Stoff, die Segmente aus Filz und die Unterkonstruktion aus Holzstäben sein sollten.

Dann ging's ans Sägen, Bohren, Kleben und Nähen.

Das streubunt-farbige des Riesenrades habe ich versucht, mit den regenbogenfarbigen Filzsegmenten einzufangen, die hellen Hemdenknöpfe hängen stellvertretend für die vielen kleinen Gondeln am Rand meines Rades.

Die Rückseite habe ich mit einem zweiten Stück dünnen Stoff gecovert und mit Handstichen fixiert, die mich an die filigrane Stahlkonstruktion am Riesenrad erinnern.

Der Einsatz von Holz in diesem Nadelbrief war eine kleine Herausforderung, aber warum sollte ein Nadelbrief nicht auch mit anderen Materialien funktionieren?

In den Filzstücken kann man nun die verschiedenen Nadeln gut sortiert aufbewahren.

Und wenn man fertig ist, schiebt man den Fächer einfach wieder zu.

Mit einer kleinen Klappe und einem Bindeband verschnürt könnte man das Riesenrad fast sogar in die Hosentasche stecken. Besser ist aber vielleicht ein Plätzchen im Nähkorb.


Meine Version begibt sich auch auf die digitale Reise in Frau Nahtlusts stetig wachsende Nadelbriefsammlung.

Nächste Woche steht "Typographie" auf dem Stundenplan und wer sich schon immer gefragt hat, was das ist und wozu man das braucht, sei ein Besuch bei Roberta Bergmann empfohlen. Im Podcast #19 erklärt Prof. Dr. Jörg Petri ganz aktuell, worin der Unterschied zum Lettering und der Handschrift liegt.
 

Mittwoch, 6. November 2019

Ein Nadelbrief aus Packpapier

Erst hat mir der "Nadelbrief der Woche 45: Packpapier" noch mehr graue Haare wachsen lassen, fielen mir doch nur die gängigen Assoziationen mit Paket und Briefumschlag ein. Aber nach dem heiteren Buchbinde-Workshop mit Eva am Wochenende, bei dem es einen regen Austausch über verschiedene Bindetechniken gab, hatte ich eine neue Idee, die ich unbedingt testen wollte: ein Steckalbum sollte es sein. 

Bei meiner Recherche zu diesem Thema fand ich bei @buchundpapier schließlich auch ein prima Modell, das aus nur einem (!) Blatt Papier gefaltet werden konnte. Sie gibt Kurse im Buchbinden, ist aber leider zu weit weg. Wer jedoch im Norden wohnt, möchte vielleicht am 18.11. bei ihr reinschauen? Da wäre in einem Kurs noch ein Plätzchen frei.  
(Ich danke hiemit für die Inspiration und mache unbezahlte Werbung für Kreative.)

Ein geeignetes Testpapier für meinen Nadelbrief fand sich in der "Projektkiste", ein Stück Packpapier, das ich im Frühjahr schon zur Papierliebe mit Kleisterfarben bedruckt und 'frottiert habe. 

Und daraus wurde durch Falten und ein wenig Schneiden ein Umschlag inklusive Innenblatt und Verschluss. Ich war so angeregt dabei, dass ich vergessen habe, das unbearbeitete Blatt zu fotografieren.

Nach dem Zusammenstecken der Laschen sah die Rohversion so aus, von innen und von außen.

Am gefalteten Büchlein habe ich die offenen Kanten mit Kleber etwas fixiert und dann rundherum mit der Nähmaschine dekorativ abgesteppt.

Als Nadelträger dienen drei kleine Filzstückchen, die sich auch einfach annähen ließen. Die noch freie Seite ziert ein Hotel-Reisenähbeutel, einfach mit Klebgummi angebracht.

Einen wohlbekannten Rat für Näherinnen 'a stitch in time saves nine' habe ich gestempelt und am Ende war ich 'sew happy', dass ich diese Hürde gemeistert hatte.


Das Falten und Buch herstellen hat so viel Spaß gemacht, dass ich sicher noch mehr Varianten machen werde. Papier habe ich noch und ein solch kleinen Reisebegleiter kann man immer brauchen.

Endspurt im Nadelbriefjahr bei Frau Nahtlust

Für mich geht's an diesem Wochenende zum Hochheimer Markt. Dort steht ein super Modell für den Nadelbrief No. 46: Riesenrad