Letzte Woche war es etwas knapp mit einem ausführlichen Nadelbriefbericht, sodass mein Nadelbrief zum Thema Scherenschnitt nur einen flotten Auftritt auf instagram bekommen hat. Nun bin ich zurück von einem kühlen, nassen Ausritt auf zwei Rädern über's verlängerte Wochenende und zeige gerne noch ein paar Entwicklungsbilder zu No. 39.
Zuerst hatte ich tatsächlich einen traditionellen Scherenschnitt in schwarz-weiß ins Auge gefasst. Textiltechnisch ist das gut machbar, wenn man den gewählten Stoff mit Haftvlies hinterlegt, bevor man zu schneiden beginnt. Beim Wühlen in der Kiste mit vorbereiteten Stoffen, meist Batikstoffe, die sehr wenig fransen, spukte mir doch der englische Begriff "cut-outs" durch den Kopf und damit war ich unweigerlich bei Henri Matisse gelandet. Vielleicht waren es auch die vorgeschnittenen Blattformen in so typisch kräftigen "Matissefarben". Jedenfalls sollte es das sein.
Für den Nadelbrief habe ich meine Farbwahl auf nur wenige reduziert und mir zuerst einen Hintergrund gelegt.
Und dann doch neue Formen ausgeschnitten und mit der "Komposition" gespielt.
Ich habe mir nicht so viel Zeit genommen wie Matisse, der die gewählten Teile an die Wand gesteckt und so lange arrangiert und beschnitten hat, bis er fand, dass es gut war. Auch ist mein Format mit 11x11cm wesentlich kleiner als seine Bilder.
Aber man kann für die erste Übung gut seinen spontanen Eingebungen folgen und es dann irgendwann als 'fertig' festbügeln. Dabei sind bei mir einige weiße Flächen übriggeblieben, die ich aber dann spontan auch so 'integriert' habe.
Der Nadelbrief sollte gerne wie ein kleines Bild aussehen, weshalb ich eine Art Passepartout und einen braunen Bilderrahmen angenäht habe.
Das Innenleben besteht aus einem Textstoff mit französischen Textcollagen, einem Filz und einem Stück Signatur, das ich von einem Plakat abgeschnitten habe.
Voilá, meine Hommage an den wohl berühmtesten Scherenschneider der Kunstgeschichte im Nadelbriefformat.
Nach dem Gestalten mit der Schere sollte es für den Nadelbrief No. 40 gerne wieder etwas Handgemachtes sein: Kalligrafie.
Ich besitze zwar einige Bücher über Schriftkunst und Lettering, musste aber doch erst einmal herausfinden, wo denn nun die Abgrenzung zur Typografie und zum Handlettering liegt. Eine gute Gegenüberstellung fand ich in Julia Kerschbaumers Buch:
Während die Typografie den Schwerpunkt auf die Gestaltung fertiger Buchstaben-Bausteine für Druckwerke, die "gesetzt" werden, legt, und es dabei verstärkt auf die Lesbarkeit ankommt, werden die Wörter bei der Kalligrafie "fließend" von Hand geschrieben, wobei Rhythmus und Druck auf das Schreibwerkzeug eine große Rolle spielen. Die Abstände und Größe der Buchstaben sollen dabei eine Textur, ein Gewebe bilden, das dem Auge gefällt. Beim dritten Typ, dem Handlettering, spricht man dagegen von "gezeichneter" Schrift, weil die (einzelnen) Wörter Schritt für Schritt anhand eines Layouts gezeichnet und herausgearbeitet werden, hauptsächlich für Plakate, Karten etc.
Um wirklich gut schönschreiben zu können, muss man lange und viel üben. Und das dann auch noch auf Stoff bringen zu wollen, war nun eine echte Herausforderung.
Mein Kompromiss-Versuch: wenig Wörter, aber diese als Text möglichst augengefällig zu gestalten. Meine Wahl für den Text fiel auf: "Nähen verbindet", auch weil es ja beim Schreiben auch "Verbindungen" geben sollte.
Versuchsreihen auf Papier und dann der Test mit einem calligrafie duo Stift auf einen glatten Hemdenstoff geschrieben, kleine Schriftvariationen und Fehler inklusive.
Mit etwas Vlies hinterlegt, habe ich ein paar handgestickte Ligaturen eingearbeitet, bevor ich den Außenstoff mit dem Innenleben verstürzt habe.
Die für mich so schwungvoll schöne Handschrift meiner amerikanischen Freundin (links) und meiner deutschen Freundin (rechts) hatte ich früher schon einmal auf Stoff gezogen, kleine Restschnipsel erinnern mich nun an sie im Inneren.
Das ist nun mein Schrift gewordener Nadelbrief mit ein paar Hintergedanken, der sich in die schwungvolle Gesellschaft der anderen Nadelbriefe bei Frau Nahtlust begeben wird.
Gedanklich geht es in die Bauhaus-Woche.
Beide Nadelbriefe sind sehr schön, aber bei Matisse schnappe ich regelrecht nach Luft. Wow, wow, wow, wie schöööön! Danke fürs Zeigen und ganz herzliche Grüße von Eli
AntwortenLöschenIst doch nur ein bisschen Geschnippel. Kalligrafie kannst du viel besser. Danke für's Reinschauen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße in den Norden.
Ach, das ist doch faszinierend, dass ich gleich noch von Typo über Kalligrafie bis zu Handlettering was lerne. Typo kommt ja auch noch als Nadelbrief-Thema :-) Deine Kombi aus drei Schriften ist wunderschön geworden, und danke auch für die weiteren Einblicke zum Scherenschnitt-Nadelbrief. Ich lese immer so gerne bei dir! LG und danke für die Verlinkung.
AntwortenLöschenSusanne
Mir sind die Begriffe nun auch klarer, wenngleich es immer Überschneidungen gibt wie script fonts oder handlettering fonts. In Woche 47 werden wir ja Typo sehen.
LöschenLg Elvira
Wie schön ist Deine Umsetzung des Scherenschnitts mit Matisse. Das gefällt mir sehr gut. Auch die Kalligraphie ist sehr schön und mit kleinen, wertvollen Andenken.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Monika