Wir starten ins neue Stoffspielereien-Jahr gleich mit einem wunderbaren Experiment.
Gabi von made-with-blümchen hat sich für uns eine - mir bisher noch unbekannte - Quilttechnik ausgesucht, um uns schwungvoll in die neuen Themen einzustimmen: Kawandi.
In den dreißig Jahren meiner Patchworkarbeiten war mir der Begriff "Kawandi" noch nicht untergekommen, ein Blick in die "weltweite Wissenkiste" erhellte jedoch schnell meine Erfahrungslücke.
Es ist eine handgenähte Applikationstechnik, die von afrikanischen Auswanderinnen in Indien gepflegt wird. Ein Interview mit Margaret Fabrizio führt in die Geschichte und Tradition ein und im Netz finden sich viele interessante Ausführungen.
Bei der Kawandi-Technik werden Stoffreste nach und nach, von außen nach innen, auf einen Hintergrundstoff aufgenäht. Die Nahtzugaben werden dabei eingeschlagen und mit Quiltstichen auf die offenen Kanten des darunterliegenden Stoffes aufgesteppt. Das Quilten erfolgt umlaufend in Runden ohne vorhergehende Markierungen. Klingt einfach und perfekt zur Resteverwertung.
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aus dem Buch: The Magic of Crazy Quilting von J. Marsha Michler
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Es ist dem antiken Crazy Quilting nicht unähnlich, bei dem ebenfalls Stoffreste - oft Samt und andere edle Stoffe aus der Kleiderherstellung - auf einen Hintergrundstoff gesteckt werden, dann aber mit Stickerei und Borten an den eingeschlagenen Kanten verziert werden. Im Unterschied zur Kawandi Technik kommen hierbei alle möglichen Formen der Stoffstücke zum Einsatz und es gibt keine extra Quiltlinien.
Zu meinem Projekt:
An Material mangelt es ja nie. Für einen kleinen Musterquilt, um die Kawandi Technik zu üben, habe ich meine blauen Unistoffe rausgeholt und erst einmal sehr reduziert in Kissengröße 40x40cm gearbeitet. Ein dünner Hntergrundstoff und ein dünnes Polyestervlies sollten das Quilten nicht zu schwer machen.
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Seite 1 mit rechteckigen Teilen |
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Ich habe, wie im Vorbild, an einer Ecke angefangen und meine Teile aufgesteckt. Es hat sich gezeigt, dass es für mich gut ist, auf einer festen Unterlage zu arbeiten. Das ganz freie Arbeiten auf dem Boden ohne Stecken ist sicher erst bei größeren Quilts besser möglich.
Schon hier war das Einschlagen an den Randkanten eine gewisse Herausforderung, wenn die Linien einigermaßen exakt sein sollten.
Die Quiltfäden habe ich an den Ecken hängen lassen und dann an der nächsten Seite weiter verwendet. Das hat gut funktioniert.
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Seite 2 mit schrägen Teilen
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Nach der ersten "geraden" Seite wollte ich sehen, wie es mit schrägen Teilen funktioniert. Ein bisschen "crazy" und die Ränder wurden noch zackiger. Hierbei treffen sich auch mehr Nähte und es liegen mehr Nahtzugaben eng aufeinander, was das Quilten erschwert.
Die Quiltlinien habe ich gerade, parallel und ca. einen fingerbreit auseinander gelassen, was die schrägen Nahtkanten oft nur lose fixiert hat.
In der Mitte bin ich versuchsweise den schrägen Kanten gefolgt und habe von dort parallele Linien gequiltet, um die Kanten besser zu fixieren.
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Seite 3 mit langen Randstreifen und Eckbildung
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Auf der dritten Seite wollte ich statt rechteckiger Teile Streifen an den Rand setzen und eine gestreifte Eckbildung ausprobieren. Die gestaffelten Streifen habe ich im Vorfeld zusammengesteckt und dann mit senkrechten "Endstreifen" abgedeckt.
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Quadratische Highlights eingefügt
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Zusätzlich habe ich kleine, rote Quadrate aufgenäht. Ich habe diese Art der zusätzlichen Designelemente auf vielen Quilts gesehen und war gesspannt, wie und ob das funktioniert. Das Einschlagen der Kanten ist mir nicht wirklich gut gelungen, da muss ich mehr üben.
Schließlich blieb für die 4. Seite ein Versuch, einen ganz langen, durchgehenden Streifen an den Rand zu setzen (der sich am Ende gewellt hat) und ich habe mit runden Applikationen gespielt.
Für die Rundungen habe ich die Kreise über eine Kreisschablone geheftet, die Schablone entfernt, die Heftfäden konnten drinbleiben.
Die Kreise habe ich unter und über die Grundlagenstoffe gesteckt.
Am Ende wurde die Mitte geschlossen, bei mir mit einem Quadrat. Die Stecknadeln waren sehr hilfreich, um die Mitte auch tatsächlich flach zu halten.
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Mein erster Kawandi
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Auf das Einfügen der "Eckblumen", der "phulas" habe ich hier verzichtet.
Meine Erkenntnisse und Erfahrungen:
- Das Aufstecken und Quilten ist dem "traditionellen" Quilten nicht unähnlich, insofern ist es ein entspanntes, meditatives Arbeiten wie oft beim Handnähen.
- Nicht ganz zufrieden bin ich mit der Optik der umgeschlagenen Kanten. Sie wirken an den Rändern zackig und uneben.
- Auch im Quilt sind die Kanten durch die Quiltlinien nur mit Lücken fixiert. Ob sich diese im Gebrauch weiten und lösen werden? Ein engerer Abstand der Quiltlinien würde das Problem lösen, aber dem Charakter der Kawandi Decken widersprechen.
- Bei diesen Quilts muss man die Endgröße schon am Anfang festlegen, was die Designentscheidungen einschränkt. Zudem kann sich der Quilt im Laufe der Arbeit verziehen und aus der Reckteckform geraten, was man später nicht mehr korrigieren kann.
- Bei der Festlegung der Größe muss man immer auch die Handlichkeit des zu bearbeitenden Quilts bedenken. Schließlich muss man von Anfang an mit der Gesamtgröße hantieren können und der Quilt wird zusehends schwerer im Laufe der Arbeit.
Nichtsdestotrotz habe ich noch ein weiteres "Stoffpaket", an dem ich einen größeren Quilt in dieser Technik ausprobieren möchte. Inspiriert von meinen "Fischdruckstoffen" aus einer Postkunst-Tauschaktion von 2016, möchte ich gerne ausprobieren, ob man auch wellenförmige Kawandi machen kann.
Ich danke Gabi für diese Herausforderung und die Erfahrung mit einer neuen Technik.
Ganz entspannt will ich nun schauen, wie es den Mitspielerinnen ergangen ist. Kommt doch mit. Gabi sammelt und zeigt alle Beiträge hier.
Vorschau:
Im nächsten Monat bin ich selbst Gastgeberin und freue mich auf Eure Interpretationen zum Thema "Feuer". Wer schon einmal angeregt werden will, kann sich gerne auf meinem Pinterestboard umschauen.
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Stoffspielerei-Termine 2025:
23.02.2025: „Feuer“ bei zwisch-en-durch
30.03.2025: „Nadelkissen“ bei feuerwerk by KaZe
27.04.2025: „Biesen und Falten“ bei Langer Faden
25.05.2025: „Die Farbe Blau“ bei Stoffnotizen
29.06.2025: „Wasser“ bei Siebensachen zum Selbermachen
Juli und August: Sommerpause
28.09.2025: „Der letzte Schliff“ bei Petersilie und Co
26.10.2025: „Applikation“ bei 123-Nadelei
30.11.2025: „Techniken im Dialog“ bei Tyche
Dezember: Winterpause