Sonntag, 26. Januar 2025

Neues Abenteuer - Kawandi

Wir starten ins neue Stoffspielereien-Jahr gleich mit einem wunderbaren Experiment. 
Gabi von made-with-blümchen hat sich für uns eine - mir bisher noch unbekannte - Quilttechnik ausgesucht, um uns schwungvoll in die neuen Themen einzustimmen: Kawandi.

In den dreißig Jahren meiner Patchworkarbeiten war mir der Begriff "Kawandi" noch nicht untergekommen, ein Blick in die "weltweite Wissenkiste" erhellte jedoch schnell meine Erfahrungslücke. 
Es ist eine handgenähte Applikationstechnik, die von afrikanischen Auswanderinnen in Indien gepflegt wird. Ein Interview mit Margaret Fabrizio führt in die Geschichte und Tradition ein und im Netz finden sich viele interessante Ausführungen.
 
Bei der Kawandi-Technik werden Stoffreste nach und nach, von außen nach innen, auf einen Hintergrundstoff aufgenäht. Die Nahtzugaben werden dabei eingeschlagen und mit Quiltstichen auf die offenen Kanten des darunterliegenden Stoffes aufgesteppt. Das Quilten erfolgt umlaufend in Runden ohne vorhergehende Markierungen. Klingt einfach und perfekt zur Resteverwertung.
 
aus dem Buch: The Magic of Crazy Quilting von J. Marsha Michler

Es ist dem antiken Crazy Quilting nicht unähnlich, bei dem ebenfalls Stoffreste - oft Samt und andere edle Stoffe aus der Kleiderherstellung - auf einen Hintergrundstoff gesteckt werden, dann aber mit Stickerei und Borten an den eingeschlagenen Kanten verziert werden. Im Unterschied zur Kawandi Technik kommen hierbei alle möglichen Formen der Stoffstücke zum Einsatz und es gibt keine extra Quiltlinien.

 
Zu meinem Projekt:
An Material mangelt es ja nie. Für einen kleinen Musterquilt, um die Kawandi Technik zu üben, habe ich meine blauen Unistoffe rausgeholt und erst einmal sehr reduziert in Kissengröße 40x40cm gearbeitet. Ein dünner Hntergrundstoff und ein dünnes Polyestervlies sollten das Quilten nicht zu schwer machen.
 

Seite 1 mit rechteckigen Teilen
 
Ich habe, wie im Vorbild, an einer Ecke angefangen und meine Teile aufgesteckt. Es hat sich gezeigt, dass es für mich gut ist, auf einer festen Unterlage zu arbeiten. Das ganz freie Arbeiten auf dem Boden ohne Stecken ist sicher erst bei größeren Quilts besser möglich.
Schon hier war das Einschlagen an den Randkanten eine gewisse Herausforderung, wenn die Linien einigermaßen exakt sein sollten.
Die Quiltfäden habe ich an den Ecken hängen lassen und dann an der nächsten Seite weiter verwendet. Das hat gut funktioniert.

Seite 2 mit schrägen Teilen
 
Nach der ersten "geraden" Seite wollte ich sehen, wie es mit schrägen Teilen funktioniert. Ein bisschen "crazy" und die Ränder wurden noch zackiger. Hierbei treffen sich auch mehr Nähte und es liegen mehr Nahtzugaben eng aufeinander, was das Quilten erschwert.
 
Die Quiltlinien habe ich gerade, parallel und ca. einen fingerbreit auseinander gelassen, was die schrägen Nahtkanten oft nur lose fixiert hat.
 
 
In der Mitte bin ich versuchsweise den schrägen Kanten gefolgt und habe von dort parallele Linien gequiltet, um die Kanten besser zu fixieren.
 
Seite 3 mit langen Randstreifen und Eckbildung
 
Auf der dritten Seite wollte ich statt rechteckiger Teile Streifen an den Rand setzen und eine gestreifte Eckbildung ausprobieren. Die gestaffelten Streifen habe ich im Vorfeld zusammengesteckt und dann mit senkrechten "Endstreifen" abgedeckt.

Quadratische Highlights eingefügt
 
Zusätzlich habe ich kleine, rote Quadrate aufgenäht. Ich habe diese Art der zusätzlichen Designelemente auf vielen Quilts gesehen und war gesspannt, wie und ob das funktioniert. Das Einschlagen der Kanten ist mir nicht wirklich gut gelungen, da muss ich mehr üben. 

Schließlich blieb für die 4. Seite ein Versuch, einen ganz langen, durchgehenden Streifen an den Rand zu setzen (der sich am Ende gewellt hat) und ich habe mit runden Applikationen gespielt.
 

Für die Rundungen habe ich die Kreise über eine Kreisschablone geheftet, die Schablone entfernt, die Heftfäden konnten drinbleiben.
 
 
Die Kreise habe ich unter und über die Grundlagenstoffe gesteckt.
 

Am Ende wurde die Mitte geschlossen, bei mir mit einem Quadrat. Die Stecknadeln waren sehr hilfreich, um die Mitte auch tatsächlich flach zu halten.
 
Mein erster Kawandi
 
Auf das Einfügen der "Eckblumen", der "phulas" habe ich hier verzichtet.


Meine Erkenntnisse und Erfahrungen:
  • Das Aufstecken und Quilten ist dem "traditionellen" Quilten nicht unähnlich, insofern ist es ein entspanntes, meditatives Arbeiten wie oft beim Handnähen.


  • Nicht ganz zufrieden bin ich mit der Optik der umgeschlagenen Kanten. Sie wirken an den Rändern zackig und uneben. 
  • Auch im Quilt sind die Kanten durch die Quiltlinien nur  mit Lücken fixiert. Ob sich diese im Gebrauch weiten und lösen werden? Ein engerer Abstand der Quiltlinien würde das Problem lösen, aber dem Charakter der Kawandi Decken widersprechen.




  • Bei diesen Quilts muss man die Endgröße schon am Anfang festlegen, was die Designentscheidungen einschränkt. Zudem kann sich der Quilt im Laufe der Arbeit verziehen und aus der Reckteckform geraten, was man später nicht mehr korrigieren kann.
  • Bei der Festlegung der Größe muss man immer auch die Handlichkeit des zu bearbeitenden Quilts bedenken. Schließlich muss man von Anfang an mit der Gesamtgröße hantieren können und der Quilt wird zusehends schwerer im Laufe der Arbeit.
 
Nichtsdestotrotz habe ich noch ein weiteres "Stoffpaket", an dem ich einen größeren Quilt in dieser Technik ausprobieren möchte. Inspiriert von meinen "Fischdruckstoffen" aus einer Postkunst-Tauschaktion von 2016, möchte ich gerne ausprobieren, ob man auch wellenförmige Kawandi machen kann.
 
 
Ich danke Gabi für diese Herausforderung und die Erfahrung mit einer neuen Technik.
Ganz entspannt will ich nun schauen, wie es den Mitspielerinnen ergangen ist. Kommt doch mit. Gabi sammelt und zeigt alle Beiträge hier.
 
Vorschau:
Im nächsten Monat bin ich selbst Gastgeberin und freue mich auf Eure Interpretationen zum Thema "Feuer". Wer schon einmal angeregt werden will, kann sich gerne auf meinem Pinterestboard  umschauen.
 

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Stoffspielerei-Termine 2025:

23.02.2025: „Feuer“ bei zwisch-en-durch

30.03.2025: „Nadelkissen“ bei feuerwerk by KaZe

27.04.2025: „Biesen und Falten“ bei Langer Faden

25.05.2025: „Die Farbe Blau“ bei Stoffnotizen

29.06.2025: „Wasser“ bei Siebensachen zum Selbermachen

Juli und August: Sommerpause

28.09.2025: „Der letzte Schliff“ bei Petersilie und Co

26.10.2025: „Applikation“ bei 123-Nadelei

30.11.2025: „Techniken im Dialog“ bei Tyche

Dezember: Winterpause

 


14 Kommentare:

  1. Ah, schön! Du bist es mehr "crazy" und noch experimenteller angegangen. Ich habe vergessen, Bilder von den Zwischenschritten zu schießen, ich bin so in den Flow gekippt. Fein, dass bisher alle sich so gern auf das unbekannte Thema eingelassen haben. Liebe Grüße, Gabi

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    1. Ich musste erst ein bisschen recherchieren, dann ging es aber ganz gut, wie man sieht. Die Tüte mit gemusterten Stoffen habe ich mir für den zweiten Versuch aufgehoben. Rot wird er aber nicht. LG

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  2. ganz in blau! Sehr schön! Für so viel schiefe oder gar runde Stoffstücke war ich zu zarghaft. Hab aber auch bei meinen tatsächlich ein paar Extrarunden eingelegt und so manche Kanten noch einmal extra genäht. Manchmal hat es sogar geklappt, dass man es auf der Rückseite gar nicht so sieht. Aber die ist krautundrüben bei mir.
    Deine würde ich auch gerne mal sehen :)

    Liebe Grüße,
    Maria

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    1. Die Rückseite kann ich dir mal zeigen, hab ich garnicht fotografiert. Quilttechnisch ist sie wenig durcheinander. Es hat sich so ergeben, dass ich auf jeder Seite etwas ausprobieren wollte. Nun bin ich für den zweiten, größeren Kawandi bereit. LG

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  3. Dein Kawandi ist sehr spannend, die vielen verschiedenen Möglichkeiten, die du ausprobiert hast. Und dann ist er auch noch Blau, meine Lieblingsfarbe. Ich habe mich diesmal für eine andere Farbe entschieden und bin bei rechteckigen Stoffstücken geblieben, das ist sowieso die Mehrzahl in meinen Resten. Liebe Grüße Gabi

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    1. Mit Blau kann man nichts falsch machen ;-) und Rot kommt ja nächsten Monat bestimmt in allen Variationen, wenn‘ s um „Feuriges“ geht. LG

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  4. gut wie du das gemacht hast * viel arbeit und so viele blautöne * deine idée kreise und kleine rosa vierecke einzuarbeiten gefällt mir sehr gut !
    liebe grüsse
    mo

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    1. Merci. Es war interessant, jede Seite anders zu beginnen und ich habe viel gelernt dabei. Elemente, die mir gefallen und solche, mit denen ich noch nicht zufrieden bin. Das kleine Format war sehr hilfreich dabei. LG

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  5. Huy, Du hast sogleich beim ersten Kawandiversuch noch eine Jazzspur zusätzlich draufgelegt. Die exakten Nahtlinien sind schwierig, finde ich auch. Besonders da man ohne zu stecken arbeiten soll. Dein mutiger erster Versuch sieht gut aus, und ich habe auch schon Ideen für das Thema " Feuer",
    wir sehen uns beim nächsten Treffen wieder. LG Tyche

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    1. Ja, das stimmt wohl, da liegt ne große Spur „Freejazz“ drin. Ich wollte einfach mal im Kleinformat sehen, was so alles möglich ist. Eine gute Fingerübung (die mir das Quilten übrigens nicht besonders übel genommen hat. Ein Fingerhut gehört ja zur Standardausrüstung). LG

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  6. Ich habe auch recht schnell festgestellt, dass schräge Kanten über eine längere Strecke offenliegen und teilweise nicht gut fixiert sind. Und wie du bin ich zwischendurch den Kanten gefolgt und habe dadurch nicht immer parallele Linien. Dein Experimentieren mit verschiedenen Formen und auch mit Rundungen finde ich sehr interessant und inspirierend. Auf dein Experiment mit den Wellenlinien bin ich nun gespannt. Die Reduktion auf nur eine Farbe lässt die rotweißen Tikelis umso mehr glänzen, und doch gibt es so viele Nuancen in nur dieser einen Farbe Blau, dass es sehr lebendig wirkt. Schön.
    Liebe Grüße, heike

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    1. Mir sind beim Quilten auch die Bosnaquilt eingefallen, bei denen die improvisierten Quiiltmuster auf neutralem Patchworkuntergrund die Hauptrolle spielen. Daraus entstand wohl meine eigene „Mischung“ aus Uni- crazy- Kawandi. Ich denke, damit entgehe ich auch der „ kulturellen Aneignung“ s Debatte. So oder so eine interessante Spielerei.LG

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  7. Oh, da hast Du ja gleich ganz viele Spielarten ausprobiert! Schön zu sehen, dass auch die kleinen aufgenähten Quadrate und Kreise in Deinen Quilt gefunden haben, das fand ich bei den Kawandi-Quilts die ich als Beispiel gesehen hatte, eine ganz besondere Gestaltungsweise. Liebe Grüße!

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    1. 28
      Die Gestaltung der Kawandi, die ich gesehen habe sind so vielfältig und mit den Quadratmustern so kompliziert. Das würde ich nicht schaffen, habe ich nun festgestellt. Andererseits geht es ja auch nicht um‘s Kopieren, sondern um‘s Ausprobieren bei unseren Stoffspielereien. Erstmal muss man die Technik lernen, dann kann man im größeren Format losstürmen. LG

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